"Freust du dich eigentlich?", seine Frage hängt in der Luft, in ihren Gedanken.

Wie ungeliebte Post.

Man kann sie in den tiefsten Winkel der Schublade verstauen, irgendwann stolpert man doch wieder darüber.


"Freust du dich eigentlich?", fragt er und dabei lächelt er sie durch den Rückspiegel hindurch an. 
Sie holt einen Moment Luft, all die Gedanken - sie sind wieder da. Wie ungeliebte Post. Man kann sie in den tiefsten Winkel der Schublade verstauen, irgendwann stolpert man doch wieder darüber.

Sie zuckt mit den Schultern, antwortet irgendetwas, erklärt sich. Sucht Begründungen, wühlt zwischen den Argumenten, rational und erwachsen. Schrecklich erwachsen.

Er lacht ein bisschen. "Du denkst zu viel. Du machst dir zu viele Sorgen", sagt er und sie nickt, stimmt zu und lacht auch. 
Als sie aus dem Fenster sieht, merkt sie, dass die vorbeisausende Umgebung unscharf ist.

"Freust du dich eigentlich?", seine Frage hängt in der Luft, in ihren Gedanken. Wie ungeliebte Post. Man kann sie in den tiefsten Winkel der Schublade verstauen, irgendwann stolpert man doch wieder darüber. 
Sie wischt sich die Tränen vom Gesicht und als ihr sein Blick im Autospiegel begegnet, lächelt sie ein bisschen, auch wenn sie weint. Sie weiss, was er denkt. Es ist nicht wie früher. Nicht wie früher, als er ein Pflaster auf das aufgeschlagene Knie kleben konnte, ein Reimlied singen konnte. Es ist nicht wie früher - er kann sie nicht mehr so schnell ablenken, kann sie nicht beschützen.

"Du denkst zu viel. Du machst dir zu viele Sorgen", denkt er. Sucht nach Argumenten, rational und erwachsen. Schrecklich erwachsen.

Sie sieht aus dem Fenster, weint noch immer und lächelt nicht mehr. 

"Alles wird gut", will er sagen. Ein Pflaster will er aus der Jackentasche ziehen und auf die schmerzende Seele kleben. 
Pflaster kleben nicht auf Seelen. Und Herzen altern nicht. Sind nicht erwachsen. Er weiss das. Und sie weiss es auch, deshalb schweigen sie.

"Alles wird gut", will er sagen. Doch sie ist zu erwachsen.

"Freust du dich eigentlich?"